Normalerweise hätten wir darauf hingewiesen, dass am Feiertag kein Training stattfindet. Momentan können wir leider nur einen Notbetrieb leisten und am Samstag ist kein Training.
Während wir darauf hoffen, dass bei uns bald wieder Normalität eintritt, werfen wir mal einen eigenen Blick zurück auf 30 Jahre Wiedervereinigung.
Judoka verstehen sich fast immer auf Anhieb, es ist eben ein besonderer Sport, der verbindet. Rivalitäten wie im Fußball gibt es nicht.
Schon am Buß- und Bettag 1989, der damals noch ein Feiertag war, gab es im damaligen Leistungszentrum in der Moabiter Stromstr. das erste Aufeinandertreffen einer (West-)Berliner Auswahl mit Teams von Humboldt Uni (heite KIK) und der PH Potsdam (heute UJKC) - nur eine Woche nach den Reiseerleichterungen, die das Ende der DDR bedeuteten. Christian und ich waren damals dabei.
Insofern war es nicht verwunderlich, dass bereits 1990 bei unserer Judo-Fahrt ins sonnige Florida auch Leute aus der ehemals sowjetisch besetzten Zone dabei waren.
Das führte zu kuriosen Anekdoten. Bei der Einreise in die USA Ende September, zum Glück im entspannten Fort Lauderdale, waren einige der Mitreisenden Bürger der Deutschen Demokratischen Repuplik, bei der Rückreise zwei Wochen später Staatsbürger der Bundesrublik!
Den Blick des Manns von der Immigration werde ich nie vergessen, als er zum ersten Mal in seinem Leben einen der blauen DDR-Reisepässe sah: "What´s this, man?!? Are you kiddin´- this is not real!!!"
Nachdem ich ihm erklärt hatte, was er da in den Händen hält, rief er alle Kollegen, damit sie sich dieses unglaubliche Dokument ansehen.
Es folgten die üblichen Fragen zu Deutschland: Habt Ihr Strom? Autos?
Der Chef der Immigration hatte immerhin schon mal etwas von der bevorstehenden Reunification gehört...
We had a really good time! :-)
Zu der Zeit hatten wir mit Mathias aus Merseburg auch längst einen Trainer aus den Neuen Bundesländern im Team, damals trainierten wir noch im Forum Steglitz.
1991 wurde es im Judo ernst! Eine solche Leistungsdichte wie bei den ersten gesamtdeutschen Meisterschaften gab es nie davor und auch nicht danach!
Allein bei den Berliner Meisterschaften gab es mehrere Männer-Gewichtsklassen mit mehr als 50 Teilnehmern (64er Listen), obwohl nur Judoka ab dem zweiten Dan direkt teilnahmeberechtigt waren! Alle Judoka bis einschließlich ersten Dan mussten durch ein Vorturnier, über das sich pro Gewichtsklasse nur vier Leute qualifizierten...
Christian und ich qualifizierten uns für die NODEM, die noch heftiger ausfiel. Für einen Sprung zur Deutschen Meisterschaft reichte es dann leider nicht ganz. In unseren Gewichtsklassen kamen die Sieger jeweils aus der Nordostgruppe, bis 71 kg waren sogar Finale und eine Bronzeplazierung identisch mit dem Ergebnis der NODEM.
Klare Nummer eins in Berlin war der SCB, der damit dem Bundesliga-Team vom Judo-Verein Berlin (hier kämpften Judoka aus allen West-Berliner Vereinen) das Aus bescherte, da dessen Sonderrolle nicht mehr länger haltbar war.
Wir kämpften ab 1992 für den SC Bushido in der zweiten Liga und lernten die Neuen Bundesländer besser kennen. Legendär war unsere Fahrt zum Kampftag bei Motor Wolgast... auch der Besuch im "Knast" bei Dynamo Brandenburg war eine Erfahrung!
Immerhin konnten wir in dieser Zeit mit FU Berlin zweimal den Titel eines Deutschen Hochschulmannschaftsmeisters erringen, bevor die Leipziger dann doch mal ihre komplette Star-Truppe an den Start brachte.
Aber auch die Ligen im Land Berlin wurden reichlich durchgemischt!
Der Internationale Judo Club (heute: Judo Team Berlin) aus dem Wedding verpflichtete einige Alt-Internationale und bescherte mir Kämpfe wie gegen den Olympia-Dritten Torsten Brechot!
Während einige alteingesessene Vereine kapitulierten, nahmen wir den Kampf auf und stellten uns den deutlich gestiegenen Herausforderungen!
Bereits 1995 erkämpfte mit Leif erstmals einer unserer Judoka einen Deutschen Meistertitel!
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns längst unter den fünf erfolgreichsten Vereinen in ganz Berlin festgesetzt!
2002 und 2003 standen wir in Berlin erstmals ganz oben und halten uns weiterhin gut!
Derzeit haben wir mit Ines und Daniel die beiden einzigen Berliner Perspektiv-Kader für Paris 2024 in unseren Reihen!
Natürlich bekam auch unser Männer-Team im Laufe der Zeit Verstärkungen von außerhalb, insbesondere Olaf und Thommie seien hier genannt, die für uns in der Regionalliga aktiv waren und zum legendären Team gehörten, das im Jahr 2000 das Kieler Woche Turnier gewann!
Den stärksten Einfluß nahm aber eindeutig der gebürtige Schweriner Jens-Peter, der über Jahre den Platz in unserem Schwergewicht kongenial besetzte!
Jens-Peter wurde Kapitän unserer Bundesliga-Mannschaft, sorgte für den richtigen Zusammenhalt und ist beim Training noch immer ein riesiges Vorbild in jeder Hinsicht!
Seit kurzem ist Jens-Peter sogar neuer Vereinsvorsitzender, doch dazu bald mehr an anderer Stelle!
Ohne Jens-Peter hätte der Wettkampfbetrieb ü30 in Deutschland nicht so eine Entwicklung genommen!
Geradezu zwangsläufig wurde er zum Vertreter der reiferen Judoka im DJB-Präsidium!
Und Erfolge hat er reichlich eingefahren!
2009 und 2017 war er Weltmeister!!!
Daneben erkämpfte er noch allerhand Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften im Einzel, aber auch im Team!
Absolutes Highlight war sicherlich die Vize-Weltmeisterschaft 2012 in Miami, womit wir wieder im sonnigen Florida angekommen wären!
Auch Stephan stand im Team, kämpfte auch im Finale.
Gerade dieses Team 40 hätte es ohne die Wiedervereinigung nie gegeben!
Und Begriffe wie Ost oder West spielen hier längst keine Rolle mehr!
Es ist einfach eine tolle Mannschaft!!!
Und außerdem das erfolgreichste DJB-Team bei einer Weltmeisterschaft überhaupt! :-)
Wir wünschen Euch einen schönen Feiertag!!!
Wir trainieren weiter!!! :-)
PS:
Christian und Jens-Peter bereiten sich gerade gemeinsam auf den fünften Dan vor!
Auch das gäbe es ohne den Fall der Mauer nicht!!!